Vorlage 215/2017

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Im Juli 2017 beschloß der Hauptausschuß der Stadt Gütersloh, »weitere öffentliche Gebäude und öffentliche Plätze mit Freifunk-Hotspots« auszustatten. Bis heute wurde jedoch, trotz oder aufgrund jenes Beschlusses, seitens der Stadt Gütersloh kein weiterer Freifunk-Knoten aufgestellt. Eine Aufarbeitung der Geschehnisse.

Auf der Webseite Vorlage 215/2017 wurde u. a. aus den Sitzungs­protokollen einmal zusammengestellt, was jeweils geschehen – oder nicht geschehen – ist, einerseits auf Seiten der Verwaltung/des Rates der Stadt Gütersloh, andererseits auf Seiten der lokalen Freifunker.

Aus Sicht der Freifunk-Initiative Gütersloh birgt schon der initiale Be­schluß Kon­flikt­po­ten­tial:

Der Hauptausschuss beschließt, dass die Verwaltung der Stadt Gütersloh zu gegebener Zeit die entsprechenden EU-Fördermittel beantragt. Mit den Geldern sollen weitere öffentliche Gebäude und öffentliche Plätze mit Freifunk-Hotspots ausgestattet werden. Es soll ein freier WLAN-Zugang im öffentlichen Raum auf folgenden Plätzen geschaffen werden: Berliner Platz, Konrad-Adenauer-Platz, Willy-Brandt-Platz, ZOB, Kolbeplatz, Dreiecksplatz, Theodor-Heuss-Platz Die Verwaltung schlägt zum nächsten Hauptausschuss ein Modell zur Umsetzung vor. Dieses beinhaltet eine zeitliche Planung, beleuchtet die finanziellen Auswirkungen und mögliche Nutzungsbedingungen („Fair-Use-Modell“). EU-Fördermittel sind möglichst in Anspruch zu nehmen.

Direkt mag man keinen Widerspruch erkennen – »wenn es EU-Mittel für den Freifunkausbau gibt, warum nicht mitnehmen?« –, aber der Teufel steckt im Detail: Unter der etwas reißerischen Headline »WiFi4EU | Kostenloses WLAN für alle« ver­steckt sich faktisch auch nur ein Pro­gramm für eine punk­tuelle WLAN-För­der­ung, die letzt­lich auch nur in der Nutz­ungs­zeit be­fris­te­tes WLAN mit Vorschaltseite im Fo­kus hat.

Die Krux sind die Vorgaben, die die geförderte Stelle für den WiFi4EU-Ausbau erfüllen muß — kurz gesagt, es sind technische Vorgaben zu erfüllen, es sind operative Vorgaben zu erfüllen, und der Aufbau kann nur von bestimmten, bei der EU sich akkreditiert habenden, Unternehmen abgerechnet werden. netzpolitik.org hat schon Ende 2017 die Kritikpunkte mal zusammengefaßt.

Die Ini­tia­tive der Link­en stützt sich wohl lei­der auf das damals kolportierte Mär­chen vom kostenlosen, EU-finanzierten WLAN für alle: »EU will kos­ten­lose Hot­spots fi­nan­zier­en« lautet die Überschrift eines Artikels auf dem An­trag, Sei­te 35 der Un­ter­la­gen.

Ein anderer Punkt, der gleich noch beleuchtet wird: es wird mehr oder weniger munter und unterschiedslos von »Freifunk« und »freiem WLAN« gesprochen — während Freifunk freies WLAN bietet, ist nicht jedes »freie WLAN« auch Freifunk …

Aber vermutlich war dies alles bei der Beratung des Antrags im Juli 2017 noch gar nicht so klar; das WiFi4EU-Programm selbst wurde erst am 12.09.2017 vom EU-Parlament abgesegnet. Eine Kommunikation zwischen der Gütersloher Freifunk-Initiative und Ratsfraktionen im Vorfeld fand nicht statt. So stellen sich Menschen, die etwas tiefer in der Materie stecken, nach dem Studium des Protokolls der Beratung des Antrags auch einige Fragen:

10. Antrag der Fraktion Die LINKE – Weitere Freifunk-Hotspots auf öffentlichen Plätzen und in öffentlichen Gebäuden –
-DS-NR.: 215/2017-

Zu diesem Tagesordnungspunkt liegt noch ein Antrag der CDU-Fraktion vor, zur Schaffung weiterer WLAN-Zugänge auf dem Berliner Platz, Konrad-Adenauer-Platz, Willy-Brandt-Platz, ZOB, Kol­be­platz, Drei­ecksplatz und Theodor-Heuss-Platz. Die Ver­walt­ung solle zur nächsten Haupt­aus­schuss­sitz­ung ein Modell zur Umsetzung vorschlagen.

Frau Wessel [Linke] erklärt, es gebe einige Hotspots in Gütersloh, aber die Verbindungen seien nicht so gut. Sie regt an, zur Verbesserung der Infrastruktur in öffentlichen Gebäuden bei der EU Fördermittel zu beantragen.

Herr Kollmeyer [CDU] entschuldigt sich dafür, dass der Antrag der CDU erst als Tischvorlage verteilt werden konnte. Er bittet die Verwaltung, in einer der nächsten Sitzungen des Hauptausschusses Modelle zur Umsetzung vorzuschlagen. Er schlägt vor, die beiden Anträge zusammen zu fassen.

Herr Morkes [BfGT] stimmt beiden Anträgen zu. Er sei erfreut über den Richtungswechsel der CDU gegenüber Freifunk.

Herr Schulz [BM (CDU)] erläutert, das Stichwort sei damals die Störerhaftung gewesen. Aus rechtlichen Gründen habe man sich damals gegen Freifunk ausgesprochen. Ende Juni sei die Störerhaftung abgeschafft worden sei. Daher sei man jetzt offener gegenüber Freifunk.

Gegenrede von Herr Kottmann [CDU]: Er stellt fest, Herrn Schulz sei nichts hinzuzufügen.

Herr Dr. Bethlehem [SPD] erklärt, die SPD stimme einem Prüfauftrag zu. Trotz Zeitgeist sollten die Inhalte nicht außer Acht gelassen werden.

Herr Schulz weist darauf hin, EU-Fördermittel seien frühestens Ende 2017 zu erwarten. Über das
große Ganze müsse dann 2018 diskutiert werden.

Frau Niemann-Hollatz [Grüne] freut sich, dass Freifunk mehr Unterstützung erfahre. Man könne sich nicht nur auf die genannten Plätze festlegen. Sie spricht sich dafür aus, den Bedarf zu prüfen. Die Nutzer sollten nicht mit Kosten belastet werden, und es solle keine Anmeldung erforderlich sein.

Herr Morkes schließt sich Herrn Dr. Bethlehem an. Die Verwaltung solle ein Konzept erstellen. Politik und Verwaltung sollten Signale nach außen senden.

Herr Schulz fasst zusammen, bei den Fördermitteln müsse man zeitlich abwarten, ob die Stadt oder jemand anderes Fördermittelempfänger sein könne. Er habe an der Stelle Bedenken, wo die Stadt Betreiber und Errichter eines WLAN-Netzes würde. Die Schaffung von WLAN-Netzen sei keine Kernaufgabe der Stadt. Die Themen WLAN und Breitband gehörten nicht zur Daseinsvorsorge. Man habe zur Zeit rd. 200 Freifunkrouter in der Stadt. Die meisten im CDU-Antrag genannten Plätze seien bereits mit Routern ausgestattet. Dann gebe es noch die kleineren Netze von Unitymedia, der BITel und der Telekom, für Telekom-Kunden. Man könne politisch die Frage diskutieren, was in einer Gesellschaft alles umsonst sein solle. Wenn man z.B. eine 2 GBit-Leitung auf dem Berliner Platz wolle, dann koste das rd. 500 € Anschlussgebühr im Monat. Wenn man das dann noch skaliere, koste es ein Vielfaches. Das müsse zu einem späteren Zeitpunkt beschlossen werden. Das Prinzip Freifunk finde er gut, weil es das Prinzip einer Sharecommunity beinhalte.
Durch bürgerschaftliches Engagement könne ein Bedarf in einer Gesellschaft befriedigt werden, ohne dass sich die öffentliche Hand einmische. Er wolle beide Anträge als Prüfauftrag in dem Bewusstsein mitnehmen, dass ihm das Thema wichtig sei, und um zu dem Zeitpunkt, wenn man mehr wisse, geeignete Modelle und Lösungen zu präsentieren.

Herr Schulz schlägt vor, beide Anträge zusammenzufassen, summarisch beide Anträge zu behandeln und summarisch über beide Anträge abzustimmen. Die Mitglieder des Hauptausschusses sind damit einverstanden.

Beschluss:

Der Hauptausschuss beschließt, dass die Verwaltung der Stadt Gütersloh zu gegebener Zeit die entsprechenden EU-Fördermittel beantragt. Mit den Geldern sollen weitere öffentliche Gebäude und öffentliche Plätze mit Freifunk-Hotspots ausgestattet werden.

Es soll ein freier WLAN-Zugang im öffentlichen Raum auf folgenden Plätzen geschaffen werden: Berliner Platz, Konrad-Adenauer-Platz, Willy-Brandt-Platz, ZOB, Kolbeplatz, Dreiecksplatz, Theodor-Heuss-Platz
Die Verwaltung schlägt zum nächsten Hauptausschuss ein Modell zur Umsetzung vor. Dieses beinhaltet eine zeitliche Planung, beleuchtet die finanziellen Auswirkungen und mögliche Nutzungsbedingungen („Fair-Use-Modell“). EU-Fördermittel sind möglichst in Anspruch zu nehmen.

Ergebnis:
Einstimmig beschlossen.

Es wurden also zwei Anträge, die sich mit »freiem WLAN« befassen, zusammengefaßt; ein Antrag wünscht mehr Freifunk-Ausbau in öffentlichen Gebäuden und auf öffentlichen Plätzen (solange die EU bezahlt), der andere generischer nur den Ausbau von »freiem WLAN« auf konkret benannten öffentlichen Plätzen. BfGT und Grüne fassen die Zusammenlegung der Anträge eher dahingehend auf, daß der WLAN-Ausbau mittels Freifunk geschehen sollte — Ausführungen der CDU lassen vermuten, daß sie der Interpretation gegenüber aufgeschlossen gewesen sein könnte, bei der SPD ist es unklar. Allerdings widerspricht der Passus »beleuchtet […] mögliche Nutzungsbedingungen („Fair-Use-Modell“)« grundsätzlich dem Freifunk-Ansatz. Aber, wie schon angesprochen: es ist gänzlich unbekannt, welche Partei sich seinerzeit schon wie intensiv mit Freifunk auseinandergesetzt hatte.

Als die lokalen Freifunker von dem Beschluß erfuhren, war ihnen jedenfalls recht schnell klar, das mit einer WiFi4EU-Förderung kein Freifunk-Ausbau stattfinden kann; das Thema wurde natürlich seit 2016 auch intensiv in den Freifunk-Gruppen in Deutschland besprochen.

Seitens der Gütersloher Freifunk-Initiative wurde dieser Fakt auch gegenüber der Verwaltung im Januar 2018 klar kommuniziert.

Es war damals schon für die lokale Freifunk-Initiative nicht verständlich, warum die Verwaltung trotzdem am Vorhaben, WiFi4EU-Mittel für einen Freifunk-Ausbau zu akquirieren, weiter festhielt und insbesondere diese neue Erkenntnis nicht auch an den beauftragenden Hauptaussschuß weitergab. So fehlt ein Hinweis auf dieses grundlegende Problem in der Umsetzung von Vorlage 215/2017 in der Beschlußkontrolle sämtlicher Sitzungen von Janaur 2018 bis zum Mai 2020.

Erst im November 2019 wurde der Hauptausschuß informiert, daß die Stadt Gütersloh bei WiFi4EU zum Zuge gekommen sei — man hat also gut 2 Jahre auf Fördermittel gewartet, die man gar nicht wie vorgegeben einsetzen können würde:

Die Stadt gehört bei dem 3. Aufruf der Förderinitiative WiFi4EU am 19.09.2019 zu den Zuschussgewinnern. Die Bewilligung des Zuschusses über 15.000 €, um kostenlose WLAN-Netze im öffentlichen Raum und in öffentlichen Gebäuden auszubauen, liegt vor. Bitel und die Netzgesellschaft ermitteln derzeit eine grobe Kostenkalkulation für die noch nicht mit WLAN versorgten Plätze (Dreiecksplatz, Theaterplatz).

Im Frühjahr 2020 erfolgte eine erneute Kontaktaufnahme der Verwaltung mit der Gütersloher Freifunk-Initiative: »Primär ging es um die Frage, wie ein WiFi4EU-Ausbau mit Freifunk funktio­nieren könnte. Surprise, wie schon 2018 kommuniziert: gar nicht.«

Zu dem Zeitpunkt klar bekannte Knackpunkte: Ausbau von WiFi4EU nur, wo noch kein freies WLAN exis­tiert; 10 Out­door- oder 15 In­door-APs (oder vor­ge­ge­bene Kom­bi­nation der­er) Min­dest­aus­bau; Min­dest­vor­aus­setz­ung des In­ter­net­zu­gangs: »[…] muss der Be­güns­tig­te einen Ver­trag über einen In­ter­net­zugang ab­schließen, der dem schnellsten für Ver­brau­cher in dem Ge­biet ver­füg­baren Zu­gang gleich­wer­tig ist und der in jedem Fall eine Down­load­ge­schwin­dig­keit von min­des­tens 30 Mbit/s bietet. Der Be­güns­tig­te stellt eben­so sicher, dass diese Back­haul-Ge­schwin­dig­keit min­des­tens der­jeni­gen ent­spricht (so­fern vor­han­den), die der Be­güns­tig­te für seine ei­ge­ne In­ter­net­an­bin­dung nutzt«.

Wenn man sich die Anforderungen, die eine Gemeinde für die 15.000 EUR von WiFi4EU zu erfüllen hat, genauer ansieht, kann es durchaus sein, daß es wirt­schaft­licher ist, einen WiFi4EU-Ausbau nicht vor­zu­nehmen:

Die Gemeinde Grasleben wird den WiFi4EU-Gutschein, den sie von der EU für die Versorgung des Dorfplatzes mit WLAN erhalten hat, wegen Unwirtschaftlichkeit nicht nutzen. Die Verwaltung will stattdessen entsprechende Haushaltsmittel für das Jahr 2020 einstellen. Sie macht also ihr eigenes Ding.

So erfolgte denn in der Haupt­aus­schuß­sitz­ung am 4.05.2020 seitens der Gü­ters­loher Ver­wal­tung au­gen­schein­lich ein Richt­ungs­wech­sel:

Herr Schulz informiert zum Antrag der Fraktion DIE LINKE „Weitere Freifunk-Hotspots auf öffentlichen Plätzen“, dass die Stadt zum Ausbau weiterer Hotspots EU-Fördermittel in Höhe von 15.000 € aus dem Förderprogramm Wifi4EU erhalten habe. Nach den Förderrichtlinien dürfe der Zuschuss jedoch nicht für Freifunk-Hotspots verwendet werden, da Wifi4EU und Freifunk Konkurrenzprodukte seien. Aktuell prüfe die Verwaltung die technisch erforderlichen Maßnahmen auf den Plätzen. Das System von Freifunk sei inzwischen gut ausgereift. Die Stadt wolle zusammen mit Freifunk eine gesamtstädtische Lösung konzipieren. Das könne dazu führen, dass die Stadt den Wifi4EU-Voucher in Höhe von 15.000 € zurückgeben müsse. Die Verwaltung erstelle für die nächste Sitzung des Hauptausschusses eine Vorlage.

34 Monate – knapp drei Jahre – nach Beschlußfassung zu Vorlage 215/2017 hat man nun also die gewünschten EU-Fördermittel — und stellt fest, daß man sie für den geplanten Freifunk-Ausbau nicht verwenden kann. Was rund zwei Jahre zuvor schon bekannt war. Und auch selbst recherchiert werden konnte. Schon etwas ärgerlich aus Freifunk-Sicht, dieser unnötige Zeitverlust …

Dennoch erhofften sich die Gütersloher Freifunker endlich Forschritte vom Workshop: Freifunk flä­chen­deck­end in der Gü­ters­loher In­nen­stadt mit der städtischen Verwaltung im Juni 2020.

Leider wurden die offenen Fragen bezüglich des städtischen Planes, …

  • was kosten n xDSL-Anschlüsse im Stadtgebiet bei $AnbieterA und $AnbieterB einmalig und monatlich?
  • was kosten n einsatzfähige UAP-AC-M-EU (also inkl. (PoE-)Netzteil)?
  • was kostet die Montage von n UAP-AC-M-EU (Wanddurchbruch, Cat.6-PoE-Verlegung, Montage UAP-AC-M-EU)?

…, nie beantwortet.

Denn es wurde aus

Die Verwaltung erstellt eine Vorlage für die Sitzung des Hauptausschusses am 24.08.2020

– wie es noch am 22.06.2020 hieß – zum 24.08.2020

[durch] die Corona-Epidemie haben sich die im Vorfeld erforderlichen Gespräche verzögert, daher erstellt die Verwaltung erst eine Vorlage für die Sitzung des Hauptausschusses am 14.12.2020

und zum 14.12.2020 – der ersten Sitzung in der neuen Legislatur – hieß es dann

[d]urch die Corona-Epidemie haben sich die im Vorfeld erforderlichen Gespräche verzögert. Die Verwaltung erstellt eine Vorlage für eine der nächsten Sitzungen des Hauptausschusses.

Also von schon wieder von August über Dezember auf Sankt Nimmerlein vertagt.

Und die neue Legislatur hat dann ihr übriges getan. Vier Rats­sitz­ungen in Fol­ge wurde nicht weiter nach­ge­fragt; erst in der Sitz­ung vom 4.10.2021 fragt Frau Trostmann (Grüne) nach dem aktuellem Status u. a. zu Vorlage 215/2017. Leider sind da seit August 2020 schon weitere 14 Monate ins Land gegangen.

Interessant liest sich die Antwort der Verwaltung zur darauffolgenden Sitzung am 06.12.2021:

Die Stadt gehört bei dem 3. Aufruf der Förderinitiative WiFi4EU am 19.09.2019 zu den Zuschussgewinnern. Die Bewilligung des Zuschusses über 15.000 €, um kostenlose WLAN-Netze im öffentlichen Raum und in öffentlichen Gebäuden auszubauen, liegt vor. Stand November 2021 prüft die Verwaltung, ob Orte der Jugendarbeit mit dem vorhandenen Förderbudget (15.000 €) ausgestattet werden können, wenn entsprechende Infrastrukturen vorhanden sind und eine WLAN-Ausleuchtung erfolgen kann.

Also nun gar kein Freifunk-Ausbau mehr, auch keine »gesamtstädtische Lösung mit Freifunk« mehr, sondern Einstieg in WiFi4EU — eine weitere Nischenlösung im Stadtgebiet.

Gut, die Lust der hingehaltenen, ehrenamtlich tätigen Freifunker, noch mehr ihrer Freizeit an Gü­ters­lohs des­in­ter­es­sier­te Ver­walt­ung zu ver­schwen­den, ten­diert ge­gen Null — in­so­fern er­scheint der er­neu­te Kurs­wechsel von bis­lang un­be­kann­ter Weit­sicht ge­leitet.

Aber hat die Verwaltung ihre Hausaufgaben wenigstens hier gemacht? Lt. Finanzhilfevereinbarung hatte die Stadt 18 Monate Zeit, nach Annahme des WiFi4EU-Gut­scheins die funk­tions­fähi­ge Um­setz­ung des för­der­ungs­fähigen WiFi4EU-Pro­jekts nachzuweisen. Selbst wenn man erst den 01.01.2020 zugrunde legen würde, wären diese 18 Monate schon abgelaufen:

ARTIKEL 2 – INKRAFTTRETEN DER VEREINBARUNG UND DAUER DER MAẞNAHME

2.1 Die Vereinbarung tritt an dem Tag in Kraft, an dem sie von der letzten Partei unterzeichnet wird.

2.2 Ab dem Tag des Inkrafttretens der Finanzhilfevereinbarung verfügt der Begünstigte über eine Frist von höchstens 18 Monaten, um die WiFi-Installation im Einklang mit Anhang I abzuschließen und die in Artikel 4.1 Buchstabe b vorgesehene Erklärung einzureichen. Diese maximale Frist kann nicht verlängert werden, außer in Fällen höherer Gewalt im Sinne von Artikel II.14.1.

Auf »Höhere Gewalt« zu plädieren, weil man zwischen Zuweisung Ende 2019 und jetzt, Ende 2021, gar keine WiFi4EU-Umsetzung konkret geplant hat, erscheint zumindest verwegen. Es ist ja nun nicht so, daß die Protokolle nicht öffentlich wären und sich den Ablauf jemand ausgedacht hätte.

Es fühlt sich von außen schon sehr nach einer Schutzbehauptung an, die Verwaltung sei just im November 2021 in Planungen für einen WiFi4EU-Ausbau eingestiegen — nachdem sie seit Mai 2020 doch plante, den Gutschein zurückzugeben. Zumal der Beschlußtext ja für »öffentliche Gebäude und öffentliche Plätze« explizit den Ausbau mit »Freifunk-Hotspots« vorsieht — wie paßt dies zusammen? Dem interessierten Bürger fällt ferner auf, daß die Verwaltung erstaunlich viel in diesem Kontext »prüfen lies« oder selbst »prüfte«, ohne daß diese, teils mehrmonatigen, Prüfungen jemals Ergebnisse gebracht hätten.

Aber das muß die Politik klären.


Aus Sicht der Gütersloher Freifunk-Initiative wäre es weiterhin erstrebenswert, offenes WLAN in weiten Teilen der (Innen-) Stadt vorzufinden. Zweckmäßigerweise unter einer SSID und nicht, wie es noch 2015 Langsche Linie war, als Flickenteppich verschiedenster SSIDs (Unitymedia, BITel, Telekom, …), die mit ihren jeweiligen Anmeldeportalen nur eines bewirken, nämlich daß eine durchgehende WLAN-Nutzung nicht stattfinden kann: »Sie müssen sich im WLAN anmelden«. (Aktuelle Geräte nutzen bis dahin weiterhin den Mobilfunk, so vorhanden.)

Um nicht mißverstanden zu werden: natürlich kann, darf und soll die Verwaltung die Wii4EU-Fördermittel in Anspruch nehmen, sofern noch nicht verfallen. Aber bitte erst nach einer Prüfung der Wirtschaft­lichkeit, denn die Folge­kosten können die einmalige Einrichtungsförderung von 15.000 EUR ggf. schon im ersten Jahr erreichen — z. B. 15 Standorte mal 80 EUR/Monat (DTAG-Mobilfunk-Daten-Flatrate für 300+ MBit/sec als schnellstem lokal verfügbarem Anschluß; Glasfaser-GBit liegt i. d. R. in ähnlichen Bereichen, so vorhanden) ergäben schon Betriebskosten alleine für den Internetzugang für WiFi4EU von gut 14.000 EUR pro Jahr. Betriebsdauer der WiFi4EU-Lösung: mindestens 36 Monate ab Abnahme.

Die im Workshop im Juni 2020 von der Verwaltung vorgelegte, nie bepreiste, Lösung, im Innenstadtbereich alle ca. 80m einen Internetzugang für einen (Freifunk-) WLAN-Accesspoint legen (und von der Stadt bezahlen) zu lassen, lehnen wir ab. Es gibt wesentlich intelligentere Methoden auf (Richt-) Funkbasis, die insbesondere mit massiv geringeren monatlichen Kosten einhergehen.

Die zwischenzeitlich propagierte »gesamtstädtische Lösung« wäre aus unserer Sicht sehr wünschenswert, es existieren dazu Konzepte unsererseits — die seinerzeit die Verwaltung aber gar nicht hören wollte. Sie greifen auch u. a. die Themen von Vorlage 482/2021 auf bzw. nahmen sie vorweg — andere Geschichte.

Bezüglich des Freifunks in Gütersloh werden wir weiterhin die Entwicklungen zu Vorlage 215/2017 beobachten und uns zum fünften Jahrestag im Juli 2022 sicher eine passenden Aktion einfallen lassen. Weiterhin werden wir verstärkt ein Auge auf Vorlage 482/2021 (vollzog gerade einen Ausschußwechsel) und Vorlage 48/2015 (bis heute nicht vollumfänglich umgesetzt) haben.

Gütersloher Freifunk und Gütersloher Verwaltung — it’s still complicated :-(

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